Pressestimmen
(1970-1987)
Aus der Rezeption antiker Philosophie, Goethischer Gedanken, einer vorwiegend
polemischen Position gegenüber Hegel, der kritischen Abneigung gegen Nietzsche
und Heidegger versucht Geyer wieder eine Philosophie der Ganzheit.
Gerhard Trapp, Literatur und Kritik/Salzburg
Es gibt keine philosophische Frage, die der Autor nicht angerührt und in sein
geistiges Koordinatensystem elastisch, also ständiger Bewegung fähig,
eingespannt hätte.
Hans Hartmann, Berlin
Das Buch, das aphoristisch gehalten ist, steht in der Tradition der antiken
Lebensphilosophie, die der Verfasser als »Treue des Philosophen hier und jetzt,
zu seiner Zeit, zu seinem Ort« versteht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
(Zu Bd. II des „Philosophischen Tagebuchs“)
Hans F. Geyers Menschlichkeit enthält, ungeachtet seines Einzelgängertums als
Philosoph, Mitmenschlichkeit genug, um gegen einen Individualismus in der Art
Nietzsches oder Stirners gefeit zu sein.
Er verwirft den isolierenden Geniebegriff des 19. Jahrhunderts und sucht im Bild
des Bürgers den Citoyen gegenüber dem Bourgeois zur Geltung zu bringen. Goethe
würdigt er als einen Repräsentanten eines Bürgertums, das fähig ist, »die
Extreme in die Mitte hineinzunehmen, die Leidenschaft zu bändigen, so dass sie
an Sinn gewinnt, ohne an Kraft zu verlieren«.
An Robert Walsers Dichterweisheit erinnert Geyers dialektische Betrachtung von
Glück und Unglück, gipfelnd in dem Satz: »Das Glück ist das Geistwerden des
Unglücks«.
Robert Mächler, Badener Tagblatt, 30.10.1970
Geyer geht es nach eigenem Zeugnis um die Zukunft der Religion, um die
Neuformulierung des Offenbarungsglaubens. Er sieht das Umbruchdenken des
modernen Christentums als dritte Reformation (nach der Reformation
Christi und derjenigen Luthers, Calvins und Zwinglis).
Tages-Anzeiger/Zürich
(Zu Bd. IV des „Philosophischen Tagebuchs“)
Was man bei einem Tagebuch kaum erwartet, ist ein bis in
die letzten Verästelungen des denkerischen Bemühens durchgehaltener
systematischer Aufbau.
... Weitab vom Herdengeläut ... ist dies dem Schweizer
Philosophen Hans F. Geyer in bewundernswerter Selbständigkeit ... und in
beeindruckender Weise gelungen.
Wer an der gegenwärtigen Menschheit leidet, darf nicht ...
an den Büchern des grossen Schweizer Philosophen vorbeigehen.
Roland Müller, Zürichsee-Zeitung, 24.11.1972; Der Landbote/Winterthur
6.1.1973
Das Studium des vierten Bandes offenbart eine meisterhafte Beherrschung des
dialektischen Denkens ... Die Klarheit der Begriffsbildung und Gedankenführung
entspricht den höchsten Anforderungen, die man stellen kann.
Die Tat/Zürich
Hans F. Geyers Biologie der Logik ... zeugt von einer
Begabung zu spekulativem und systematischen Denken, wie sie in der Schweiz
selten vorkommt.
Neue Zürcher Zeitung
... Intuitive Anschaulichkeit fehlt nirgends und breitet eine unermessliche
Fülle aus ...
Der Leser findet sich allmählich in eine Art von freudig-begeistertem
Traumzustand versetzt ...
Geyer steht jedoch fest in der Gegenwart; man spürt seine wissenschaftliche und
technische Bildung.
Gustav E. Müller, Der Bund/Bern, Januar 1974
Tatsächlich verdient das ... Oeuvre Hans F. Geyers ... Beachtung und Bewunderung. Die
unnachahmliche Selbständigkeit und Originalität dieses Zürcher Denkers
reiht ihn unzweifelhaft in die kleine Schar grosser Schweizer Philosophen ein.
Es steckt ein umgreifendes Bemühen und eine beherrschte Kraft hinter diesen
geistigen Höhenflügen, die ihresgleichen suchen.
Roland Müller, Tages-Anzeiger/Zürich, 21.2.1974
Zu würdigen ist der tiefdringende Blick für die Wechselwirkung der Polaritäten
und für das unveräusserlich religiöse Wesen des Menschen, hochzuschätzen die
mitmenschliche Gesinnung, die auch der geringen Individuation eine Chance der
Entwicklung einräumt ...
Im Geistesleben der Schweiz, die bisher wenig
philosophisches Eigengewächs hervorgebracht hat, ist Hans F. Geyers Werk ein
neuartiges Phänomen ... Sein „Philosophisches Tagebuch“ ist eine imponierende
Aussenseiterleistung, ein grossangelegter Versuch, der Existenzphilosophie eine
neue, zukunftsgläubige Wendung zu geben.
Robert Mächler, Schweizer Monatshefte, April 1974
Die Frage nach Kommunismus und Kapitalismus muss auf dem
Hintergrund der ausserordentlich eigenständigen und in ihrer Originalität
ausgereiften Philosophie des Zürchers Hans F. Geyer gesehen werden...
Kapitalismus wie Kommunismus gleichen sich nun darin, dass
sie beide der Idee des menschlichen Körpers zu wenig Rechnung tragen, nämlich
der tief „in der organisierten Materie des Leibes“ wurzelnden Individuation, der
„Innenwelt der Form“.
Roland Müller , Zürichsee-Zeitung, 14.3.1975; Landbote/Winterthur, 9.8.1975
Wenn ein Schweizer, der zwanzig Jahre lang in der Industrie erfolgreich tätig
war, plötzlich seine Stelle aufgibt, um philosophische Tagebücher zu schreiben,
so ist das fast schon wunderbar und bewundernswert wie ein gutes Wunder ...
Jeder Einsatz geschieht mit unmittelbarer Wucht; alles ist selbst erlebt und
gedacht. Zugleich aber steht eine grosse Belesenheit dahinter; der Verfasser
setzt sich im Gespräch mit Denkern auseinander, die uns alle angehen. Er ist ein
urwüchsiger Dialektiker.
Der Bund/Bern
An die Stelle der in der Tradition vorherrschenden Grundrelation im menschlichen
Weltverständnis zwischen erkennendem, handelndem Subjekt und erkanntem Objekt
rückt hier ein leiblicher Austauschprozess, ein kybernetischer Kreis im
einheitlichen Feld von Organismus und Umwelt ...
Unbestreitbar scheint mir das Gewicht seines beschwörenden Hinweises auf die
Naturgeschichte in der Kulturgeschichte und die Kulturgeschichte in der
Naturgeschichte.
Guido Schmidlin, Zürichsee-Zeitung, April 1985
Faszinierend und beunruhigend an Geyers Philosophieren ist vor allem, dass er
nicht beim registrierenden Befund stehen bleibt, sondern Wegbereiter der Zukunft
sein will. Ein mit letztem Ernst betriebenes denkerisches Bemühen muss wohl
diesen Weg gehen.
Tages-Anzeiger/ Zürich, April 1985
Hans F. Geyer geht von dem Erstaunen aus, dass die abendländische Philosophie
wohl von Seele und Geist, kaum aber vom Körper spricht, und dass selbst die
moderne Psychosomatik wenig einsichtig verfährt. Der Körper als philosophischer
Gegenstand wird hier wie dort verkannt und als Epiphänomen der Materie
missverstanden. Diese Entwicklung führt zu einem bestürzenden Verlust der
Leiblichkeit als einer Dreieinheit von Körper, Seele und Geist ...
Die Gedankengänge Geyers entwerfen eine neue Anthropologie.
Diese bindet Empfindungen, Gefühle und Gedanken in der phänomenalen Einheit des
Übergangs. Das hat Folgen ... Geyer lässt sich vorab durch Alfred North
Whitehead und dessen Umriss einer Phänomenologie der hybriden Leiblichkeit
bestärken. Man kann den Autor jedoch auch zwischen Ernst Fuhrmanns Pandaimonion
und Paul Valérys Gedankenexperimenten orten.
... Auch Paul Valery hält es für befremdlich, dass der
Körper in den bekannten Philosophien totgeschwiegen wird. Er begehrt auf: »Jedes
philosophische System, in dem der Körper nicht eine fundamentale Rolle spielt,
ist albern und untauglich.« Hans F. Geyer schliesst diese Lücke.
Erwin Jaeckle, Zürichsee-Zeitung, 1985
... Dieser Leibvergessenheit versucht Hans F Geyer in seiner „Physiologie der
Kultur“ entgegenzutreten...
Gegen den Widerstand des materialistischen und des idealistischen Denkens, die
beide »den Regelkreis zwischen Sein und Bewusstsein nicht durchschauen und ihn
deshalb vorzeitig abbrechen«, gibt er der Philosophie ihren Bauch wieder.
Beat Mazenauer, September 1985
Hans F Geyer sucht das Wagnis eines Denkens, das mit sprachlichen Mitteln
Grenzen sprengen und Brücken schlagen will; er unternimmt das Wagnis mit Verve.
Seine Sprache lehnt sich auf gegen das vermeintlich Unsagbare ... festgefahrene
Denkraster aufbrechen, Neuland erforschen, Auseinanderliegendes verbinden: Mit
einer glücklichen Kombination von Scharfsinn und Phantasie geht Geyer auf
philosophische Entdeckungsreisen.
Peter Andreas Brügger, Neue Zürcher Zeitung 9.9.1985
Die heraklitische Enantiodromie, das Auseinanderstreben und Ineinanderumschlagen
der Gegensätze, insbesondere von Leib und Geist, von Logos und Mythos, Kunst und
Natur, Aussen und Innen, bildet ein Leitmotiv im Werk Hans F. Geyers.
Roland Müller, Neue Zürcher Zeitung, 10.9.1987
Die Bücher [von Hans F. Geyer] sind voll origineller Gedanken in oft glänzenden
und glücklichen Formulierungen. Die sechs Bände [seines „Philosophischen
Tagebuchs“] sind nicht nur die längste, sondern auch die bedeutendste Sammlung
von Kurztexten in der philosophischen Literatur unseres Landes. Man darf sie den
„Notizen“ Ludwig Hohls zur Seite stellen.
Hans Saner, Basler Zeitung, 10. September 1987
Immer wieder hat Hans F. Geyer leidenschaftlich darauf beharrt ..., dass die
Philosophie nicht etwas ‚Abgehobenes’ ist, sondern aus dem Leben herauskommt und
wieder in es eingehen muss. Einige mögen eine solche Haltung naiv oder
unwissenschaftlich gefunden haben ... Dem möchte ich, mit Hans F. Geyer, einen
Satz von Vauvenargues entgegenhalten: "Eine aufgeklärte Naivität ist ein Reiz,
dem nichts gleicht."
Johannes Beringer, Tages-Anzeiger, 16. September 1987